Naturschutzgroßprojekt
Bäche, Moore und Bergwiesen im Thüringer Wald
Bäche, Moore und Bergwiesen im gesamten Biosphärenreservat
Projektfinanzierung, siehe Details
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert die erste Phase des Naturschutzgroßprojektes im Programm „chance.natur“ mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit einem Anteil von 75 Prozent, das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) mit 15 Prozent. Den erforderlichen Eigenanteil in Höhe von zehn Prozent bringt die Naturstiftung David mit Unterstützung des BUND Bundesverbandes, der Heinz Sielmann Stiftung und der Regina Bauer Stiftung in das Projekt ein.
Warum dieses Projekt?
Die Bedeutung naturnaher Lebensräume für das Biosphärenreservat
Das UNESCO-Biosphärenreservat Thüringer Wald gilt als „Hotspot der biologischen Vielfalt“. Mehr als 2.600 Tier- und 1.900 Pflanzenarten kommen hier vor. Viele von ihnen stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Es liegt in unserer Verantwortung, ihre Lebensräume zu erhalten und damit dem endgültigen Verschwinden dieser Arten entgegenzuwirken.
Darüber hinaus sorgen naturnahe Bäche, Moore und Bergwiesen dafür, dass Wasser länger in der Region gehalten werden kann. Sie dienen damit aktiv dem Hochwasserschutz und bewirken, dass die angrenzenden Wälder weniger stark unter Trockenheit leiden. Intakte Moore speichern Kohlendioxid und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Die Bergwiesen schließlich sind neben ihrem Artenreichtum als wesentliche Elemente der Kulturlandschaft besonders prägend für das Landschaftsbild.
Gefährdung der biologischen Vielfalt im Thüringer Wald
Menschengemachte Störstellen, Strukturmangel und starker Fichtenbewuchs an den Ufern gefährden den Artenreichtum unserer Waldbäche. Viele typische Tierarten, wie Feuersalamander oder Groppe, sind daher selten geworden. Sie können die Gewässer nicht mehr durchwandern, finden zu wenig Stillwasserbereiche für ihren Nachwuchs und es fehlt ihnen an Nahrung in Form von Kleinstlebewesen. Die Trockenheit der vergangenen Jahre lässt zudem immer mehr Bachläufe immer früher trocken fallen.
Die zahlreichen Moore im Thüringer Wald wurden häufig für den Torfabbau genutzt, aufgeforstet oder trockengelegt, um die Flächen zu bewirtschaften. Heute sind sie nur noch eingeschränkt als Ökosysteme funktionsfähig. Auch ihre Rolle als Kohlendioxid-Speicher können sie nicht mehr erfüllen. Im Gegenteil: trockengelegte Moore setzen Kohlendioxid frei.
Die menschgemachten, artenreichen Bergwiesen sind heutzutage auf Grund ihrer Lage und Größe für eine landwirtschaftliche Nutzung kaum noch interessant. Nachwuchsmangel und das Fehlen langfristiger, unkonventioneller Nutzungskonzepte verstärken dies. So drohen die Bergwiesen nach und nach vom Wald eingenommen zu werden und als Lebensraum für lichtbedürftige Arten, darunter zahlreiche Insekten und Vögel, verloren zu gehen.
Das Naturschutzgroßprojekt – ein umfangreiches Vorhaben
Mit dem Naturschutzgroßprojekt wirkt die Naturstiftung David diesen Entwicklungen in enger Zusammenarbeit mit der Biosphärenreservatsverwaltung und in einem weiten Netzwerk von Partnerinnen und Partnern entgegen.
Schwerpunkt Bäche:
In einem Gewässernetz aus fast 550 Kilometern wird die Stiftung aus Thüringen bis voraussichtlich 2035 umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen durchführen. Die ökologische Durchgängigkeit wird u. a. durch Einbau und Gestaltung entsprechender Durchlässe verbessert. Außerdem wird mit Hilfe von Starktotholz der Strukturreichtum in den Bachbetten erhöht. An geeigneten Stellen werden Überflutungsbereiche geschaffen und der Waldumbau hin zu naturnahen Laubwäldern in den Uferbereichen gefördert.
Schwerpunkt Bergwiesen:
Für etwa 1.500 Hektar Bergwiesen gilt es, nachhaltige Konzepte zu entwickeln, um sie dauerhaft zu erhalten. Kurzfristig werden ausgewählte Wiesen im Rahmen einer Erstpflege wiederhergestellt. In Abstimmung mit den Waldbesitzenden werden gestufte Waldränder entwickelt, um Verschattung, Laubeintrag und Totholz auf den Wiesen zu reduzieren und neue Lebensräume zu schaffen.
Mit den Maßnahmen werden die Lebensbedingungen für seltene Arten, wie Schwarzstorch, Feuersalamander, Wollgras oder Trollblume, verbessert. Gleichzeitig fördern sie wichtige „Ökosystemleistungen“, die nicht zuletzt mit Blick auf den Klimawandel bedeutsam für uns Menschen sind: Intakte Fließgewässer, Moore und Wiesen speichern Wasser, binden Kohlendioxid, regulieren den Nährstoffhaushalt und kühlen die Umgebung. Sie dienen auch dem aktiven Hochwasserschutz, da sie das Wasser länger im Gebiet halten und Fließgeschwindigkeiten reduziert werden. Nicht zuletzt steigern naturnahe Lebensräume auch die Attraktivität der Region und können den Tourismus befördern.
Die Naturstiftung David – eine Thüringer Stiftung mit Erfahrung
Als erste ostdeutsche Umweltstiftung setzt sich die Naturstiftung David seit mehr als zwanzig Jahren für Natur- und Klimaschutz ein. Gegründet wurde sie 1998 vom Bund für Umwelt und Naturschutz Thüringen e. V., um den Umweltschutz in den neuen Bundesländern zu fördern. Seitdem unterstützt die Stiftung ostdeutsche Umweltinitiativen und führt bundesweit eigene Projekte durch.
Bereits seit mehr als zehn Jahren engagiert sie sich u. a. in einem umfangreichen Naturschutzgroßprojekt in der Hohen Schrecken in Nordthüringen. Mit dem Naturschutzgroßprojekt im Thüringer Wald knüpft sie nun an die erfolgreichen Maßnahmen zum Schutz des Feuersalamanders im Rahmen ihrer Waldbachprojekte (https://www.naturstiftung-david.de/waldbach) an: Seit 2012 hat die Naturstiftung David gemeinsam mit ThüringenForst und weiteren regionalen Partnerinnen und Partnern rund 180 Kilometer Waldbäche im Thüringer Wald ökologisch verbessert. Die Zahl des Feuersalamander-Nachwuchses hat sich seitdem beinahe verdoppelt.
,,Unser Ziel ist es, die ökologisch so bedeutsame Lebensraum- und Artenvielfalt im Thüringer Wald sowohl für die Natur als auch für Mensch und Region langfristig zu erhalten und zu entwickeln. Hierfür arbeiten wir eng mit einem großen Netzwerk erfahrener Partnerinnen und Partner auf lokaler und auf Bundesebene zusammen.
Das Projektgebiet als vernetztes Lebensraum-Mosaik
Das Projektgebiet erstreckt sich entlang eines weit verzweigten Gewässernetztes beinahe vollständig über das gesamte UNESCO-Biosphärenreservat Thüringer Wald. Die Waldfließgewässer werden dabei immer als zusammenhängender Gesamt-Lebensraum mit den angrenzenden Auen, Mooren, Wäldern und Bergwiesen betrachtet. Das Projektgebiet umfasst damit insgesamt rund 6.500 Hektar. Das entspricht einer Fläche von ca. 9.100 Fußballfeldern.
In einer ersten Projektphase bis 2025 werden die Bäche, Moore und Bergwiesen im Projektgebiet genau betrachtet und mit Unterstützung ausgewählter Fachbüros deren Zustand sowie Pflege- und Entwicklungsbedarfe ermittelt. Hierfür werden auch umfangreiche Artenzählungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden in einem detaillierten Plan (PEPL – Pflege- und Entwicklungsplan) festgehalten. Der Plan beschreibt die empfohlenen Maßnahmen für die einzelnen Lebensräume. Ab voraussichtlich 2025 bis 2035 werden diese Maßnahmen umgesetzt.